10 Fakten über Rektusdiastase

 

  1. Erst ab einer Breite von 2,7 cm Abstand der gerade Bauchmuskeln voneinander, wird eine "Lücke" zwischen den geraden Bauchmuskeln als Rektusdiastase bezeichnen. Alles was kleiner ist, gilt nicht als pathologisch, sondern "einfach" als Bauchwand-Dysfunktion.
  2. Meistens geht das nicht nur einher mit einer Dehnung/Verlängerung/Schwächung der Linea Alba (fasziale Mittellinie, da wo sich alle Bauchmuskeln treffen), sondern auch der gesamten Bauchwand, die während der Schwangerschaft auftritt und bis in die postnatale Phase hinein bestehen bleibt. Aber nicht nur Schwangere bekommen das. Auch Frauen, die niemals geboren haben, und Männer können das bekommen.
  3. Die Funktionalität des Rumpfes und des Körpers ist nicht zwingend von einer geschlossenen Lücke abhängig.
  4. Die Funktionalität des Rumpfes ist eher davon abhängig, in wie weit die Muskulatur ihre Kraft wieder erlangen kann, um "Ladung", also Krafteinwirkungen und Druck von außen und innen, zu halten (Husten, Lachen, Niesen, Heben, Tragen, Pressen). Wenn eine gute Kraftübertragung und Stabilität in und über der Lücke hergestellt werden kann, muß sie nicht "zu" sein.
  5. Die Muskulatur braucht "Ladung" und Reize von außen, damit sie gefordert wird. Sie soll ja mit der Zeit lernen, diesen Krafteinwirkungen standzuhalten. Es ist aber alles eine Frage des Timings und der Dosierung. Man fängt nicht mit dem Schwierigsten an (Situps, Planks usw.), sondern in Ausgangspositionen und mit Übungen, die dem aktuellen Zustand entsprechen. Und man übt und trainiert auch nicht gleich stundenlang, sondern arbeitet mit kleinen, gut verträglichen Einheiten, die die Muskulatur nicht erschöpfen.
  6. Man trainiert nicht bis über die Laktatschwelle, um die Muskulatur herauszufordern oder "aufzupumpen". Das heißt, wir trainieren nie, bis die Muskeln nicht mehr können und machen dann noch 10 Wiederholungen zusätzlich. Fitnesstraining ist etwas ganz anderes als Rückbildungs- und Rektusdiastase-Training. Unser Ziel ist es die Muskulatur überhaupt zum Arbeiten zu bringen. Im Fitnesstraining werden Muskeln "aufgepumpt" und größer/stärker trainiert, das geht aber nur, wenn schon eine Grundsubstanz vorhanden ist. Wenn die Muskulatur aber gar nicht weiß, wie sie überhaupt anspannen soll, läuft der unqualifizierter Versuch eines "Aufpumptrainings" ins Leere und schadet im schlimmsten Fall ganz übel. Das Training muß in der Tiefe anfangen und nicht andersrum. Also von innen nach außen und nicht von außen nach innen.
  7. Eine Lücke kann auch wieder "aufgehen", wenn sie mal "zu" war. Oft hängt das von der Tagesform, von der allgemeinen Müdigkeit und von kurzfristigen körperlichen Überbelastungen ab. Manchmal reicht schon eine Erkältung mit 5 Tagen Husten und Niesen. Meistens geht das wieder besser, wenn die Belastung vorbei ist und man sich gut erholt hat.
  8. Es ist nie zu spät mit dem richtigen Übungen anzufangen. Wenn die Muskulatur nach der Geburt nie gelernt hat, wie sie korrekt und wieder automatisch anspannen soll, dann kann und sollte sie das auch nach 10 Jahren noch lernen. Unbedingt sogar. Jede Muskulatur ist dankbar, wenn sie endlich wieder in ihrer ursprünglichen Funktion arbeiten darf. Und alle anderen Muskeln, die dadurch jahrelang überlastet waren, um das Defizit auszugleichen, werden dann auch mit der Zeit weniger weh tun und weniger verspannt sein.
  9. Es geht nie nur um den Bauch. An jedem Bauch hängt ein ganzer Mensch. Isoliertes Bauchmuskeltraining ist unfunktionell, denn so funktioniert das Zusammenspiel im Körper nicht. Keine Struktur im Körper arbeitet isoliert und nur für sich allein. Bewegt sich eins, bewegt sich der Rest mit. Hebt man einen Arm hoch, muß der Rumpf das stabilisieren und die Füße müßen das Gewicht verlagern. Muß man auf der Toilette pressen (was man aber am besten vermeiden sollte) , braucht man den Bauch und den Beckenboden. Und, ob man das glaubt oder nicht, dabei muß man auch irgendwie den Kopf und den Rumpf stabilisieren, damit man nicht vom Klo fällt... 😉 Das ist bei allem, was man macht, genau gleich. Deshalb kann man nicht einfach nur die Bauchmuskeln trainieren wollen. Das muß in einer passenden Konstellation mit den restlichen Muskeln des Körpers in einer "Funktion" passieren.
  10. Die Atmung ist ein ganz wichtiger Mitspieler beim Training bei Rektusdiastasen und Bauchwandschwächen. Die Bauchmuskeln sind auch Atemhilfsmuskeln. Sie unterstützen beim forcierten Ausatmen und beim Pressen (siehe oben Toilette und Husten). Alle Bauchmuskeln setzen irgendwo an den Rippen an. Von innen an den Rippen ist das Zwerchfell befestigt. Mit jeder Atmung bewegen sich die Rippen. Dieses Zusammenspiel muß trainiert werden, um eine gute Funktion wiederherzustellen. Und auch der Beckenboden bewegt sich mit jeder Atmung und mit jeder Bewegung des Rumpfes. Der muß auch immer beim Training dabei sein.

 

Und jetzt noch die extra Punkte:

  • Es kommt nicht wirklich auf die Breite der Lücke an. Wenn eine gute Spannung "oben drüber" aufgebaut werden kann, darf sie auch breiter sein.
  • Auch die tiefe Bauchmuskulatur zieht die Lücke etwas auseinander. Aber gleichzeitig "spannt" sie auch die Lücke und deshalb ist das auch gut so.
  • Klein und tief ist nicht besser als breit und flach. 
  • Eine Lücke kann so aussehen als ob Gewebe zwischen den Muskeln herausquillt. Man nennt das "Doming" aus dem Englischen. Manche nennen es eine Pyramide. Sie kann aber auch so aussehen, als ob ein "Krater" entsteht und das Gewebe nach innen einsinkt.
  • Man muß es immer abtasten. 
  • Ein "Post Baby Bauch" ist keine Rektusdiastase.

 

 

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Hi, ich bin die Nicole. Ich bin seit 25 Jahren Physiotherapeutin und habe viele Jahre auf der Wochenstation und auf der gynäkologischen Station in der Frauenklinik gearbeitet. Von mir bekommst Du Informationen zum "Thema" aus erster Hand. 

Rückbildung vom ersten Tag an, im Rückbildungskurs, in der Praxis mit Patienten und leider auch oft die Spätfolgen von Beckenbodenschwächen (und was es sonst noch alles geben kann)  in der operativen Gynäkologie, kenne ich in und auswendig. 

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Kommentare: 4
  • #1

    Susanne (Dienstag, 24 Oktober 2017 08:26)

    Hallo, meine Rektus Diastase soll operiert werden. Da ich Privatpatient bin, bin ich etwas skeptisch. Übermorgen habe ich die Aufklärung für die OP. Welche kritischen Fragen kann ich stellen, um herauszufinden ob es wirklich nötig ist oder ob es Geldmacherei ist? Beim ersten Gespräch sagte der Arzt, die Lücke wird sich bei mir nie schließen. Die Rückfrage, was bei mir anders ist als bei anderen Frauen hat er nicht wirklich beantwortet. Da ich auch einen Nabelbruch habe, muss ich eh operiert werden. Da ist die Frage ob ich die Korrektur der Rektus Diastase eh opportunistisch mitnehme, oder ob ich mir da lieber nicht rumpfuschen lasse. Vielleicht ist diese Fragestellung auch für andere interessant?
    Liebe Grüße, Susanne

  • #2

    Nicole (Donnerstag, 26 Oktober 2017 11:18)

    @Susanne
    Liebe Susanne, danke für Deine Nachricht. Entschuldige bitte, dass ich mich jetzt erst melde. Ich würde sagen, es spricht nie was dagegen, Zweit- und Drittmeinungen einzuholen. So eine OP ist, wie jede OP, kein Zuckerschlecken und man ist erstmal für 3 Monate aus dem Rennen. Nichts heben, nichts tragen, kein Haushalt, keine unkontrollierten Bewegungen, keine Kinder schleppen und zur Sicherung des Bauchs eine Rumpfbandage tragen. Eine OP gibt den Muskeln auch nicht die Kraft zurück. Funktionelle Kraft aufbauen ist danach konsequent angesagt. Ich sage immer, und nicht nur ich, sondern auch unsere Chirurgen, erstmal vorher mindestens ein halbes Jahr diese Übungen machen, bevor man sich unters Messer legt. Und dann auch erst, wenn alle Hormonprozesse nach der Geburt abgeschlossen sind. Nach dem Abstillen (falls man so füttert) auf jeden Fall nochmal ein halbes Jahr warten bis alles wieder hormonell normal läuft. Weiches "Hormongewebe" sollte man nicht so wirklich operieren. Auch, wenn man nicht stillt, hat man ja die selben hormonellen Umstellungen. Und das kann dauern. Eine OP läuft ja nicht weg. Ich kann das mit Ferndiagnose natürlich überhaupt nicht einschätzen. Ich kenne ja die genauen Umstände nicht. Aber vielleicht hilft es ja trotzdem ein bißchen weiter :)
    Liebe Grüße Nicole

  • #3

    Miriam (Donnerstag, 05 Oktober 2023 20:29)

    Hallo, m. Rektusdiastase liegt schon lange vor. M. zweite Schwangerschaft war vor 16 Jahren und ich hatte kaum Rückbildungsgymnastik gemacht.

    Ich bin sehr sportlich und würde gern d. Spalt schließen.Kannst Du mir da helfen? Ich weiß nicht, wie oft ich welche Übungen machen muss, damit ich wieder eine stabile Mitte bekomme.

    LG

  • #4

    Nicole Frank (Sonntag, 08 Oktober 2023 09:36)

    Liebe Miriam, das einzige, was ich habe, ist mein Onlinekurs "Rückbildung mit Rektusdiastase". Da sind alle Übungen drin, damit die Mitte stabil wird. Ist aber natürlich komplett auf nach der Schwangerschaft ausgelegt. Aber im Prinzip bleiben die Übungen gleich. Sind sehr leichte Übungen, die in der Tiefe stabilisieren. Null Situps, Planks und dergleichen, weil das das Ganze meistens schlimmer macht. Egal wie viele Jahre das her ist :)
    Liebe Grüße
    Nicole