
Du kannst diese Folge wie immer direkt auf meiner Webseite hier hören oder du hörst hier:
"Funktionell.“
Das ist ja so ein Wort, das liest man inzwischen absolut überall.
Es klingt modern, dynamisch, fortschrittlich.
Es ist wirklich überall: In Trainingsplänen. In Kursbeschreibungen. In Fachgesprächen.
Kaum ein Begriff wird aktuell im postpartalen Kontext so oft verwendet – und so selten erklärt.
Kaum ein Rückbildungs- oder Beckenbodentraining, das nicht mit diesem Wort wirbt.
Aber was bedeutet das eigentlich wirklich?
Was ist "funktionell"?
Wann sind Übungen "funktionell"?
Wann ist ein Bauch "funktionell“? Wann ein Beckenboden?
Reicht es, wenn die Rektusdiastase schmaler wird? Wenn Planks wieder gehen?
Oder ist das am Ende auch wieder nur ein neues Wort für das alte Ziel: "Wieder fit werden“?
Was genau ist funktionell an einem Bauch, der vielleicht "wieder flach“ oder "normal" aussieht, bei dem die Rektusdiastase vielleicht "geschlossen" ist, der aber instabil reagiert?
Was genau ist funktionell an einem Beckenboden, der angespannt, aber nicht koordiniert ist?
Ich schreibe diesen Artikel, weil ich immer wieder erlebe:
Viele Trainingsansätze nennen sich funktionell – arbeiten aber dann doch nur rein mechanisch.
Sie schauen auf Kraft, Wiederholungen, Übungen.
Same old, same old.
Sie wenden die Prinzipien der "funktionellen Trainingstherapie" an und merken (oder wissen) nicht, dass in der Rückbildung das Gewebe völlig anders ist und anders reagiert als sonst.
Sie trainieren "Alltag" und überfordern die Strukturen, das Gewebe und die Muskulatur der Frauen ganz enorm.
Sie beachten nicht, wie die Strukturen im Körper tatsächlich zusammengehören und zusammen arbeiten.
Wenn wir Frauen nach der Geburt wirklich begleiten wollen, dann müssen wir auch "funktionell" zum einen genau definieren, in Hinsicht auf das Trainingsprogramm und die Übungen.
Und zum anderen müssen wir es in anderen Aspekten völlig neu denken.
Nämlich nicht technisch-mechanisch, sondern menschlich.
Nicht leistungsgesteuert, sondern lebensnah.
Und vor allem lebbar und wirklich nachhaltig gesund für die Frauen nach der Geburt.
"Funktionell" ist ein ganzes System, das verstanden werden will – anatomisch, physiologisch und therapeutisch.
Heute möchte ich darüber sprechen:
-
was "funktionell" im physiologischen Sinne überhaupt bedeutet,
-
warum viele "moderne" Trainings nicht wirklich funktionell sind,
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was der Körper nach der Geburt wirklich braucht,
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wie Babys funktionelle Muster von Anfang an aufbauen,
- wie das schon in der Embryologie angelegt ist,
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und wie du als Fachfrau funktionelle Bewegungsmuster gezielt (und sinnvoll!) in die Rückbildung integrieren kannst.
Was ist Funktionalität physiologisch betrachtet?
Funktionalität ist die Fähigkeit des Körpers, Belastung durch das koordinierte Zusammenspiel seiner Systeme zu regulieren – ohne auszuweichen, ohne Kompensationen.
Also die Fähigkeit eines Systems, unter realen Bedingungen sinnvoll und effizient zu arbeiten.
Das heißt:
-
Der Körper kann belastbar, koordiniert und zielgerichtet reagieren.
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Bewegungen sind zweckorientiert, also funktionsorientiert, nicht isoliert.
-
Funktion entsteht im Zusammenhang – nicht im Einzelteil.
-
Funktion ist das Ergebnis eines dynamischen Systems. Kein willkürliches Muskelspiel.
In der Trainings- und Reha-Welt meint funktionell zum Beispiel:
-
Systemisches Arbeiten statt isolierter Muskelgruppen: Nicht nur „Beckenboden anspannen“, sondern „in Bewegung integrieren“.
-
Alltagsrelevanz: Training zielt auf das ab, was der Körper im echten Leben leisten muss z. B. Heben, Tragen, Aufstehen, Lachen, Atmen, Niesen.
-
Koordination & Kraftübertragung über mehrere Gelenke / Strukturen z. B. Zwerchfell – Bauchwand – Beckenboden – Fußsohle = eine funktionelle Kette
Funktion eines Muskels bedeutet biomechanisch:
Ursprung und Ansatz annähern → Bewegung erzeugen oder kontrollieren.
Aber:
Ein funktioneller Muskel muss nicht nur aktiv kontrahieren, sondern auch:
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Exzentrisch arbeiten
-
Koordinieren mit anderen Muskeln
-
Und vor allem: Sich einfügen in ein übergeordnetes System
Beispiel:
Ein Beckenboden, der nur willkürlich angespannt wird = nicht
funktionell.
Ein Beckenboden, der beim Husten reflektorisch reagiert = funktionell.
Kurz gesagt:
Funktionell = Der Körper tut das, wofür er gemacht ist – und zwar im Alltag, nicht nur auf der Matte.
Und mit "Alltag" meine ich jetzt nicht "den Haushalt machen" oder Kinderwagen rumschleppen, sondern alle Bewegungen des täglichen Lebens.
Funktionell ist auch nicht: Wie sieht’s aus?
Sondern: Wie arbeitet es?
Fangen wir also an mit der ganz frühen Entwicklung unseres Mensch-Seins.
"Funktion" mit Blick auf die Embryologie
Wenn wir darüber sprechen, was „funktionell“ im körperlichen Sinne eigentlich bedeutet, lohnt sich ein Blick ganz an den Anfang: In die Embryologie.
Schon dort zeigt sich, dass die Körpermitte kein zufälliges Nebeneinander einzelner Muskeln ist – sondern ein tief verknüpftes System, das sich gemeinsam entwickelt.
Bereits in der dritten Woche nach der Befruchtung beginnt die Anlage des Mesoderms – der mittleren Keimblatt-Schicht, aus der sich unter anderem die Muskulatur, das Herz, die Wirbel und das gesamte Fasziennetz entwickeln.
Parallel entsteht die Chorda dorsalis, eine erste Längsstruktur, die später zur Wirbelsäule wird – ein funktionelles Zentrum der Aufrichtung, noch bevor es überhaupt Knochen gibt.
Ab Woche 4 formt sich das Zwerchfell – aus verschiedenen embryonalen Ursprüngen wie dem Septum transversum und der pleuroperitonealen Membran. Gleichzeitig beginnen sich die tiefen Muskelschichten der Bauchwand, der Beckenboden und die tiefe Rückenmuskulatur (Multifidi) zu differenzieren. Diese Strukturen stammen alle aus dem gleichen Gewebe: Dem paraxialen Mesoderm.
Sie entstehen etwa zur gleichen Zeit, in direkter Nachbarschaft – und sie sind von Anfang an funktionell miteinander verschaltet.
Funktionelle Systeme werden in der Embryologie nicht isoliert, sondern ganzheitlich angelegt.
Die Körpermitte (Zwerchfell – Transversus – Beckenboden) entsteht gleichzeitig und miteinander – und genau DAS ist die Grundlage
funktioneller Betrachtung:
➡️ Muskeln entwickeln sich nicht, um sich „anzuspannen“.
➡️ Sondern um Bewegung zu ermöglichen, Stabilität zu schaffen & Belastung weiterzugeben.
Diese Muskeln sind also im Prinzip nicht unbedingt dazu gemacht, einzeln trainiert oder willkürlich angespannt zu werden.
Sie sind als System angelegt, das gemeinsam auf Druck, Atem, Bewegung und Orientierung (im Raum) reagiert.
Noch bevor das Baby geboren ist, beginnt dieses System reflexhaft zu arbeiten:
Beim "Atmen", Schlucken, bei der Bewegung im Fruchtwasser.
Durch sogenannte Atembewegungen des Zwerchfells – also rhythmische Aktivierungen, die noch keine Luft bewegen, aber schon Druckverhältnisse und Koordination beeinflussen, auch beim Schlucken und Bewegen im Fruchtwasser, beginnt die Körpermitte, funktionell zu reagieren.
Ein Embryo (und auch der Fötus) atmet im klassischen Sinne natürlich NICHT.
Es gibt keine Luft in der Lunge, keine Belüftung, kein Gasaustausch über die Lungen wie später.
Der Sauerstoff kommt natürlich über die Plazenta – durch das Blut.
ABER: Jetzt kommt das Spannende (und Funktionelle!).
Schon ab etwa der 10.–14. Schwangerschaftswoche (je nach Quelle) macht der Fötus sogenannte „Atembewegungen“ → das sind rhythmische Zwerchfell-Bewegungen, also: Kontraktionen des Zwerchfells, obwohl keine Luft bewegt wird.
Diese Bewegungen werden ausgelöst durch das sich entwickelnde Atemzentrum im Gehirn – sie sind Trainingsbewegungen für das spätere Atmungssystem.
Das Zwerchfell lernt also früh, sich zu bewegen – ganz ohne Luftein- oder -ausstrom.
Diese Bewegungen bewirken:
- Druckverhältnisse im Rumpf verändern sich.
- Koordination mit Beckenboden & Bauchwand beginnt.
- Flüssigkeit (Fruchtwasser) wird minimal rhythmisch bewegt.
- Das Nervensystem beginnt zu lernen, wie Rhythmus & Regulation funktionieren.
Wenn wir es jetzt hier schon anders denken, dann entsteht "Funktion" hier nicht durch Training, sondern durch Entwicklung.
Und das bedeutet:
Die Körpermitte ist nicht etwas, das wir „aufbauen“ müssen – sondern etwas, das bereits da ist. Rückbildung bedeutet dann nicht,
Muskeln „anzuspannen“, sondern vielmehr:
Die ursprüngliche funktionelle Einheit wieder erfahrbar und möglich zu machen.
Also zurück:
Zwerchfell, Beckenboden und die tiefe Rumpfmuskulatur (Transversus, Multifidii etc.)
➤ entstehen fast gleichzeitig
➤ aus verwandten Mesoderm-Zellen
➤ im Kontext der sich schließenden Körperwand um das Zentrum und der sich entwickelnden Organsysteme
➤ und sind von Beginn an funktionell miteinander verschaltet
👉 Sie sind KEINE zufälligen Einzelmuskeln.
👉 Sie sind ein koordiniertes Druck-, Atem- und Stabilisierungs-System.
Deshalb reagieren sie auch im Erwachsenenleben so stark aufeinander:
Atmung → Beckenboden → Bauch → Haltung/Statik → Nervensystem.
Die Körpermitte ist embryologisch ein System – keine Muskelgruppe.
Beckenboden, Zwerchfell & tiefe Bauch- und Rückenmuskeln gehören strukturell und funktionell zusammen.
Diese Muskeln „wissen“ von Anfang an, dass sie zusammenarbeiten sollen. Sie sind nicht gebaut für Einzelaktionen, sondern für Regulation im Team.
Ihre gemeinsame embryonale Herkunft erklärt, warum sie sich therapeutisch nicht einzeln trainieren lassen, sondern gemeinsam reguliert werden müssen.


Embryologie der Körpermitte chronologisch
Woche 1–2: Vorbereitung & Keimblätter
- Zygote → Blastozyste → Einnistung
-
Ab Woche 2: Bildung der drei Keimblätter:
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Ektoderm → Nervensystem & Haut
-
Mesoderm → Muskeln, Knochen, Herz, Urogenitalsystem
-
Endoderm → Verdauung, Lunge, Leber etc.
-
👉 Alles, was für die Rückbildung spannend ist (Muskeln, Faszien, Herz, Bauchwand, Beckenboden, Zwerchfell), kommt aus dem Mesoderm.
Woche 3: Körperachsen & Grundorganisation
-
Bildung der Chorda dorsalis (Vorläufer der Wirbelsäule)
-
Entwicklung des Neuralrohrs (Zentrales Nervensystem)
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Anlage der Somiten = segmentale Würfel aus dem Mesoderm → daraus entstehen:
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Sklerotom → Wirbelsäule
-
Myotom → Muskeln
-
Dermatom → Bindegewebe & Haut
-
👉 Die Wirbelsäule, Muskulatur und Bindegewebe entstehen segmental – also systemisch, nicht einzeln.
Woche 4–5: Erste Organstrukturen & Herzaktion
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Das Herz schlägt ab Tag 22–23
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Der Körper „rollt“ sich → Bildung des primitiven Rumpfs
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Die Zwerchfellanlage beginnt sich zu formen (aus mehreren embryologischen Quellen!)
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Die Beckenstruktur entsteht grob – noch knorpelig, ohne Differenzierung
Woche 5–6: Differenzierung der Körperwand
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Der Rumpf schließt sich nach vorne (Vorderwand)
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Erste Form der Bauchmuskulatur beginnt sich abzuzeichnen
-
Das Zwerchfell entsteht weiter – aus:
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Septum transversum (wichtigster Teil)
-
Pleuroperitonealmembranen
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Mesoderm aus der Körperwand
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Ösophagus-Mesenchym
-
👉 Das Zwerchfell ist ein Multisystemmuskel – es ist mit Herz, Atmung, Verdauung und Körperwand verbunden!
Woche 6–8: Beckenboden & tiefe Muskeln entwickeln sich
-
Aus dem Myotom der unteren Somiten entstehen:
-
tiefer Transversus abdominis
-
tiefe Rückenmuskeln (Multifidi, rotatores etc.)
-
Beckenbodenmuskulatur (levator ani, coccygeus etc.)
-
✅ Diese Muskeln entstehen aus demselben Gewebe, in enger Nachbarschaft, und zur gleichen Zeit.
1. Alles beginnt in der Mitte: Die Körperachsen entstehen zuerst
Noch bevor das Baby überhaupt „ein Baby“ ist, legt sich im Embryo die Körpermitte als Organisationszentrum an.
👉 Das heißt:
Bewegung, Haltefähigkeit und Funktion entstehen nicht lokal – sondern axial.
Zentral.
Organisiert um eine gedachte Mitte.
2. Muskeln entwickeln sich nie einzeln – sondern im funktionellen Zusammenhang
Was im klassischen Muskelbild oft aussieht wie Einzelteile (Beckenboden, Bauch, Rücken etc.),
entsteht embryonal als funktionelles Ganzes.
▶️ Beispiel:
Die tiefen Muskeln von Bauch, Rücken & Beckenboden (Transversus, Multifidii, Beckenboden, Zwerchfell) entwickeln sich aus derselben Gewebeschicht – dem sogenannten paraxialen Mesoderm.
Diese Muskeln „wissen“ von Anfang an, dass sie zusammenarbeiten sollen.
Sie sind nicht gebaut für Einzelaktionen, sondern für Regulation im Team.
3. Der Beckenboden „atmet“ mit – schon bevor wir geboren sind
Die frühe Bewegungsentwicklung des Fötus geschieht in einer Art schwebender Umgebung –
und dabei bewegt sich der gesamte Rumpf rhythmisch, flüssig, spiralig.
➡️ Kein Muskel arbeitet isoliert.
➡️ Spannung und Entspannung werden nicht bewusst gesteuert, sondern reguliert über Flüssigkeit, Raum, Atembewegung, Druckverhältnisse.
Beckenboden, Zwerchfell & Transversus arbeiten schon funktionell, bevor das Baby geboren wird.
Nicht in Übungen – sondern in organischen, raumgebenden, ausgleichenden Impulsen.
4. Das Zwerchfell als funktionelle Schaltzentrale
Die Embryologie zeigt ganz klar:
➡️ Das Zwerchfell ist nicht nur ein Atemmuskel, sondern ein Steuerzentrum für Druck, Stabilität & Funktion der gesamten Körpermitte.
Und guess what?
Das Zwerchfell entwickelt sich aus demselben embryologischen System wie:
-
die Bauchdecke
-
der Beckenboden
-
Teile des Perikards (= Herzbeutel!)
-
und sogar das zentrale Nervensystem
Das heißt: Zwerchfell = Verbindung zwischen Atmung, Haltung, Emotion, Regulation.
Und genau DAS ist funktionell.
5. Warum das für Rückbildung so wichtig ist
Wenn wir funktionell denken, dann nicht in „Trainingsplänen“, sondern in Systemen.
Die Embryologie lehrt uns:
-
Bewegung ist immer mit Entwicklung verknüpft
-
Spannung entsteht aus Beziehung (Gewebe – Atem – Druck – Umgebung)
-
Jeder Muskel ist Teil eines Beziehungsgeflechts, nicht nur ein Zugseil
➡️ Rückbildung ist nicht: „Welche Übung macht den Bauch wieder flach?“
➡️ Sondern: „Wie kann ich die ursprüngliche Organisation des Körpers wieder zugänglich machen?“
💛 Fazit:
Funktion ist nichts, was wir trainieren.
Funktion ist etwas, das wir wieder freilegen.
Und die Embryologie zeigt uns, dass dieses System von Anfang an da war – wir müssen nur verstehen, wie es arbeitet und wie wir es nach der Geburt wieder soweit hin bekommen, dass alles wieder in
einer ursprünglichen Funktionalität zusammenarbeiten kann.
Dann werden wir geboren.
Schauen wir uns an, wie es weiter geht.
Bewegungsentwicklung des Babys
Wie wir jetzt ja wissen, ist Funktion nicht angelernt. Sie ist angelegt – und wird dann durch Bewegung im Raum aktiviert.
Wenn das System der Körpermitte schon vor der Geburt funktionell angelegt ist, stellt sich die Frage:
Wie entwickelt es sich nach der Geburt weiter?
Wie bleibt dieses Zusammenspiel aus Atmung, Beckenboden, Bauchwand und Haltung lebendig – oder wie "reift" es?
Die Antwort liegt direkt vor uns – und oft auf der Krabbeldecke:
Babys zeigen uns, wie funktionelle Entwicklung wirklich aussieht.
Sie trainieren nicht. Sie wiederholen keine Übungen. Sie „machen“ keine Programme.
Und doch bauen sie in den ersten Lebensmonaten ein hochkomplexes System aus Stabilität, Koordination und
Belastbarkeit auf – einfach durch Bewegung im Raum, durch Neugier, durch Reize und Reifung.
Und genau da liegt die nächste große Erkenntnis für unsere Arbeit:
Wer verstehen will, was funktionell ist, muss sich anschauen, wie Babys sich bewegen.
Denn sie durchlaufen – ganz natürlich – alle Phasen, die auch wir als Erwachsene für unsere Mitte brauchen:
Vom Liegen zur Rotation, vom Stützen zur Aufrichtung, vom Krabbeln zum Gang.
Schauen wir uns also gemeinsam an, wie "funktionell" sich entwickelt – in der frühkindlichen Bewegung.
Und was wir daraus für die Rückbildung wirklich lernen können.
Wie bauen Babys Funktion auf?
Wie Babys Funktion aufbauen – Schritt für Schritt zur Mitte.
1. Atmung & Grundspannung (ab Geburt):
Noch im Liegen beginnt das Baby mit der wichtigsten Funktion überhaupt: Dem Atmen.
Dabei:
- Aktiviert sich das Zwerchfell reflexiv
- Reagiert der Beckenboden mit auf die Druckverhältnisse
- Verändern und regulieren sich Muskeltonus & Körperspannung
Das bedeutet:
Schon hier arbeiten Zwerchfell, Bauchwand und Beckenboden zusammen – ohne Anleitung. Dazu komme ich gleich nochmal.
2. Kopfkontrolle & erste Aufrichtung (ca. 6. Woche)
In Bauchlage beginnt das Baby, den Kopf gegen die Schwerkraft zu heben.
Dadurch:
- Aktiviert sich die tiefe Rückenmuskulatur (Multifidi)
- Es entsteht eine erste Spannungslinie entlang der Körperachse
- Das Baby beginnt, Raum zu empfinden & sich im Raum zu orientieren
Das bedeutet:
Funktion beginnt nicht erst mit Bewegung – sondern mit Orientierung und Kontakt zur Umgebung.
3. Seitliches Drehen & Rotation (ca. 3. Monat)
Das Baby beginnt, sich zur Seite zu drehen → und damit beginnt das Spiel der Rotation.
- Die schräge Bauchmuskulatur wird aktiviert
- Diagonale Bewegungsmuster entstehen
- Das Kind lernt: „Wenn ich Gewicht verlagere, verändert sich etwas.“
Das bedeutet:
Rotation ist zentral für funktionelle Stabilität und Mobilität.
Ohne sie = keine gesunde Aufrichtung, kein ausgewogenes Spannungssystem.
Warum spricht man von "Stabilität", wenn sich das Baby zu drehen beginnt?
Rotation klingt doch erstmal nach Bewegung – nicht nach Stabilität.
Aber hier liegt einer der faszinierendsten Punkte in der gesamten neuromotorischen Entwicklung:
Stabilität heißt: Bewegung halten können, ohne das System zu verlieren.
Das Kind lernt beim Drehen nicht einfach, sich „zu bewegen“ – es lernt:
„Ich bewege etwas – aber ich bleibe bei mir.“
Das bedeutet:
- Es rotiert den Rumpf,
- verlagert Gewicht,
- kommt in ein asymmetrisches, komplexes Muster,
- und muss das in sich regulieren (nicht umkippen, nicht kollabieren)
DAS ist funktionelle Stabilität: Ich kann Bewegung erzeugen – UND mich dabei organisieren.
Rotation aktiviert die diagonalen Muskelketten.
Wenn sich ein Baby zur Seite dreht, arbeiten:
- Schräge Bauchmuskeln (intern & extern obliques)
- Beckenboden & Zwerchfell in Asymmetrie
- Tiefe Rückenmuskeln (Multifidi) in diagonaler Kontrolle
→ sie spannen nicht „gegen“ die Bewegung, sondern balancieren sie aus.
Das ist die erste echte Koordination von Spannung & Richtung = funktionelle Basis für alles wie:
→ Sitzen
→ Aufrichten
→ Gehen
→ … und: Regulation von Druck & Haltung (z. B. Blase, Darm, Rumpfstabilität)
Also warum „Stabilität“?
Weil das System nicht fest wird, sondern tragfähig in Bewegung.
Weil das Baby beginnt, sich in asymmetrischen Positionen zu organisieren.
Und das ist die eigentliche Grundlage für Statik, Kontinenz, Koordination und funktionelle Rückbildung nach der Geburt.
Kurz gesagt: Rotation ist das erste große „Stabilität-in-Bewegung“-Training.
Und ohne dieses diagonale Spiel bleibt das System entweder starr – oder instabil.
Aber DAS regeln wir nicht mit isolierten Übungen für die schrägen Bauchmuskeln. DAS ist mit Sicherheit nicht funktionell.
4. Rollen, Greifen & diagonale Aktivität (4.–6. Monat)
Durch erste Greifbewegungen über die Körpermitte hinweg, entstehen:
- Kreuzverschaltungen zwischen Armen und Beinen.
- Eine dynamische Integration der Bauchmuskeln.
- Bewusste Verlagerung des Körperschwerpunkts.
Was das bedeutet:
Babys bauen Belastbarkeit über diagonale Integration auf – nicht durch Anspannung, sondern durch Spiel, Exploration und Bewegungsketten.
5. Vierfüßlerstand & Krabbeln (6.–10. Monat)
Jetzt entsteht pure Funktion in Bewegung:
- Kreuzkoordination: rechter Arm & linkes Bein → über die Körpermitte verbunden.
- Rumpfstabilität unter dynamischer Belastung.
- Reflektorische Aktivität des Beckenbodens & tiefer Bauchmuskeln.
Das bedeutet:
Krabbeln ist eines der funktionellsten Muster überhaupt – weil es alle Systeme integriert: Atmung, Haltung, Bewegung, Reflexe, Orientierung im Raum, Propriozeption. In meiner Ausbildung habe ich noch das "Klapp-sche Kriechen" gelernt. Im Vierfüßlerstand, mit Polstern unter den Händen und Knien, bewegt man sich auf dem Boden fort. Rutschen, Schlängeln, Kreuzgang und so weiter. Früher haben wir gedacht, oh mein Gott, das ist ja so altmodisch. Aber ganz ehrlich, es ist super funktionell und baut unheimlich gut funktionelle Kraft und Bewegungsmuster auf. Der Vierfüßler ist ja oft nach der Geburt und in der Rückbildung noch ein bißchen kritisch, aber für später ist das wirklich eine Überlegung wert.
6. Aufrichten, Stehen & Gehen (ab 10. Monat)
Auf dem Weg zum Stand entsteht:
- Aktive Zentrierung in der Körperachse.
- Komplexe Gleichgewichtsreaktionen.
- Feine Regulation von Muskelspannung & Haltung.
Das bedeutet:
Der Körper organisiert sich aus sich heraus, über Bewegung & Reize – nicht durch willkürliche Muskelarbeit.
✨ Fazit:
Babys trainieren nicht – sie entwickeln sich.
Sie bauen Funktion durch Beziehung, Spiel, Raum & Rhythmen.
Und genau darin liegt auch ein Schlüssel für die Rückbildung: Nicht nur „aktivieren“, sondern aktiv integrieren.
Die früheste funktionelle Einheit: Zwerchfell – Bauch – Beckenboden – Darm
Noch bevor das Baby sich dreht, krabbelt oder steht, beginnt es mit zwei fundamentalen Dingen:
- Atmen (reflektorisch) → wie besprochen: Rhythmische Zwerchfellbewegungen → mit Wirkung auf den intraabdominellen Druck.
- Liegen → nicht passiv! → sondern: Auseinandersetzung mit der Schwerkraft, und damit Orientierung im Raum & Regulation. Im Gegensatz zum Schweben im Fruchtwasser.
Nach der Geburt verlässt das Baby das schwerelose Fruchtwasser. Jetzt wirkt zum ersten Mal Schwerkraft auf seinen Körper – permanent. Beim Liegen passiert also schon das: Das Baby muss sein eigenes Gewicht organisieren.
Dabei lernt der Körper:
👉 Druckverhältnisse im Bauchraum spüren.
👉 Wie Schwerkraft den Körperdruck verändert.
👉 Dass es einen Boden gibt, der „antwortet“ (Bodenfeedback). Dazu komme ich später noch genauer.
Das ist nicht nur mechanisch – das ist neurologisch wichtig!
👉 Der Körper sammelt Informationen über Last, Druck, Körpergrenzen.
Warum ist das wichtig für spätere Kontinenz?
Weil Kontinenz bedeutet:
- Druck im Bauchraum (z. B. volle Blase) wahrzunehmen,
- darauf angemessen zu reagieren (halten oder entleeren),
- das System dynamisch auszugleichen, je nachdem was gebraucht wird.
UND: Die erste Erfahrung von Druck und Gegendruck (z. B. über den Boden) entsteht durch Liegen.
👉 Ohne frühe sensorische Integration von Druck → spätere Probleme bei der Regulation von innerem Druck (z. B. Blase füllen, halten, entleeren).
Kurz gesagt:
Liegen ist der erste Lehrer dafür, dass der Körper Druck spüren, regulieren und intelligent verteilen kann.
Beim Baby muss sich die Kontinenz erst entwickeln.
Das ist ein hochkomplexes System.
In der Rückbildung ist dieses hochkomplexe System nicht selten ein wenig durcheinander. Dazu komme ich gleich. Ich erzähle kurz noch etwas darüber, wie sich die Kontinenz beim Baby entwickelt.
Vegetative Steuerung & Ausscheidung im frühen Leben:
Sprechen wir zuerst über den Detrusor-Muskel (Blasenmuskel).
Der Detrusor ist glatte Muskulatur → nicht willkürlich steuerbar. Er wird vom vegetativen Nervensystem (VNS) gesteuert:
- Parasympathikus (über Nervus pelvicus) → zieht die Blase zusammen = Entleerung
- Sympathikus (über Hypogastric nerve) → entspannt die Blasenwand, schließt den Blasenhals = Harn zurückhalten
➡️ Im Baby funktioniert dieser Regelkreis vollständig autonom, also:
Blase füllt sich → Rezeptoren melden Füllung → Parasympathikus feuert → Detrusor kontrahiert → Kind pinkelt (Reflexbogen über Rückenmark und Hirnstamm).
Warum ist das nicht bewusst steuerbar?
Weil: Der präfrontale Cortex, der für bewusste Entscheidung zuständig ist und der sensorische Cortex, der für die Wahrnehmung von z. B. Blasenfüllung zuständig ist, bei Babys noch nicht reif sind.
➡️ Die bewusste Kontrolle entsteht erst durch:
- ZNS-Reifung (vor allem frontale Hirnregionen)
- Interozeption (Ich spüre: „Ich muss mal.“)
- soziales Lernen („Jetzt nicht!“, „Hier ist das Töpfchen!“)
- willkürliche Ansteuerung des Beckenbodens (über den motorischen Kortex)
Ab wann kann das Kind kontrollieren?
In der Regel zwischen 18 Monaten und 4 Jahren, oft unterschiedlich.
Mädchen meist früher, da die Hirnreifung oft etwas schneller passiert.
Die nächtliche Kontrolle kommt häufig als letztes.
Kontinenz bedeutet also: Ich kann eine volle Blase erkennen und entscheiden, ob ich entleere oder nicht. → Dafür brauche ich :
- Sensibilität in Blase & Darm.
- Das Bewusstsein dafür, ich muss es spüren.
- Willentliche Hemmung der autonomen Reflexe (also Blase voll = ich lasse es einfach laufen) und bewusste Muskelkontrolle durch das Gehirn.
Zurück zur Rückbildung.
Wenn wir das alles verstehen, wird klar: Kontinenz ist kein "Muskelthema" allein, sondern ein neurophysiologisches, ein neurovegetatives und ein sensorisches Systemspiel.
Nach der Geburt ist nicht nur das vegetative Nervensystem häufig dysreguliert, sondern der Körper ist eben auch statisch-mechanisch-muskulär und verletzungstechnisch nicht in einer Balance.
Vegetativ haben wir nach der Geburt:
- Geburtsverletzungen, Geburtserlebnisse, eventuelle Geburtstraumata und die Verarbeitung dessen
- Überreizung = Stress = Cortisol
- Schlafmangel = Stress = Cortisol
- Stillen (Oxytocin/Prolaktin-Shift): Was passiert hormonell nach der Geburt? Direkt nach der Geburt (und auch während der Stillzeit) verändert sich die hormonelle Grundausstattung dramatisch: Oxytocin schießt massiv hoch 👉 wichtig für Wehen, Nachwehen, Bonding, Stillreflex (Milchspendereflex). Prolaktin steigt an 👉 verantwortlich für Milchproduktion ➡️ Beide Hormone dominieren das hormonelle System in den ersten Wochen und Monaten. Was hat das mit dem vegetativen Nervensystem (VNS) zu tun? Oxytocin und Prolaktin wirken nicht nur lokal auf Gebärmutter und Brust, sondern zentral auf das Gehirn und das gesamte Nervensystem. Sie fördern: Entspannung, soziale Bindung, Senkung von Stresshormonen (Cortisol), eine parasympathische Aktivierung (Ruhemodus). Gleichzeitig aber (!) entsteht eine Art vegetativer "Umbau": 👉 Das System wird viel sensibler, durchlässiger, verletzlicher. 👉 Das Nervensystem ist also weniger stabil belastbar und schneller aus dem Gleichgewicht zu bringen: Emotionale Schwankungen, Schlafstörungen, vegetative Symptome (z. B. plötzlicher Harndrang, Kreislaufschwäche). Warum nennt man das einen "Shift"? Weil das gesamte neurohormonelle Gleichgewicht sich verschiebt: Vor der Geburt: eher stress-/leistungsfähig (unter Einfluss von Cortisol, Adrenalin). Nach der Geburt: eher bindungs-, erholungs-, ruheorientiert (unter Oxytocin/Prolaktin). Das ist biologisch sinnvoll (damit sich die Mutter ums Baby kümmern kann) – aber es bedeutet eben auch: Das vegetative Nervensystem ist empfindlicher und weniger stressresistent als vorher.
- Hormonumstellung von Östrogen und Progesteron → wirkt auf glatte Muskulatur. 1. Östrogen: Stabilisiert die Schleimhäute (z. B. der Blase, der Harnröhre, der Vagina), erhält die elastischen Fasern und die Spannkraft der Gewebe, fördert die Durchblutung, unterstützt die grundsätzliche Muskeltonizität – also die Fähigkeit der Muskulatur, einen Grundtonus zu halten. Bei Östrogenmangel (z. B. direkt nach der Geburt oder während der Stillzeit) passiert: Schleimhäute werden trockener, Bindegewebe wird schlaffer, glatte Muskulatur verliert an Grundspannung (z. B. Blasenschließmuskel). Das kann Kontinenzprobleme, vaginale Trockenheit, ein „instabiles Gefühl“ fördern. 2. Progesteron: Progesteron hat eine muskelentspannende Wirkung – Progesteron senkt generell die Aktivität glatter Muskulatur: Darmmotilität wird träger → häufige Verstopfung in der Schwangerschaft, Blasenkontrolle wird lascher. Nach der Geburt: Progesteron fällt massiv ab → das System versucht, wieder in Balance zu kommen → dabei kann es zu Instabilitäten kommen (z. B. kurzzeitige Überreaktion oder Inkontinenz).
Das gesamte Drucksystem (Bauch, Beckenboden, Blase) wird dadurch fragiler und dysregulierter – und braucht Zeit, Kontakt und Regulation, nicht nur Krafttraining.
Die Hormonumstellung nach der Geburt betrifft nicht nur Stimmung und Milchbildung –
sie verändert tiefgreifend die Funktion der glatten Muskulatur, der Schleimhäute und der vegetativen Regulation.
Wenn das VNS nach der Geburt dysreguliert ist (z. B. durch Geburtstrauma, Überforderung, Angst), wenn die Hormone einen kompletten Shift durchmachen, dann kann das auch die vegetative Steuerung der Blase beeinflussen:
- Detrusor-Überaktivität (plötzlicher Harndrang)
- Koordinationsprobleme beim Entleeren/Halten
- Gefühl von "keine Kontrolle über den Körper"
- Gleichzeitig ist die Regeneration der Beckenbodenfunktion langsamer
- weil Oxytocin/Prolaktin zwar entspannend, aber nicht leistungsfördernd sind.
Nach der Geburt verschieben sich die hormonellen Steuerungsachsen (Oxytocin/Prolaktin-Shift, Östrogen- und Progesteronmangel), was das vegetative Nervensystem beeinflusst – und damit auch die
Regulation von Atmung, Verdauung, Kontinenz und dem allgemeinem Körpergefühl.
Das kann auch ohne schwerwiegende Verletzungen das ganze Ausscheidungssystem bzw. Kontinenzsystem ziemlich durcheinander bringen.
Und natürlich haben wir nach der Geburt noch ein paar "Störungen" im System mehr:
- Rein mechanisch: Der Beckenboden, vielleicht auch das Haltesystem der Blase, ist irritiert, verletzt, beschädigt, vielleicht sogar traumatisiert.
- Das Zwerchfell wird in der Schwangerschaft nach oben verschoben. Es steht nach der Geburt oft noch "oben". Der Rippenbogen steht nach oben "offen".
- Die Bauchdecke ist überdehnt. Sie kann nicht anspannen wie vorher (auch nicht, weil die Gelenkstellungen verändert sind. Nicht nur vom Rippenbogen, auch vom Becken und der Lendenwirbelsäule).
- Der Darm wurde auch in der Schwangerschaft nach oben geschoben. Er arbeitet noch nicht wieder so frei beweglich wie vorher. Und ist deshalb auch oft gestaut und langsam.
- Die Hormone machen das Gewebe weich. Das kann Kontinenz schwieriger machen.
→ Das ganze Drucksystem reagiert nicht ganz so funktionell wie vorher.
Also: Was tun?
Nicht einfach nur „Beckenboden anspannen“. Wo und wie in diesem ganzen System soll das helfen?
Das macht jetzt, nach allen den Überlegungen, so wenig Sinn wie nie zuvor.
Kontinenz funktioniert nicht wirklich isoliert und kann auch nicht isoliert trainiert werden.
Es ist ein Prozess des gesamten Systems.
Bei extrem verletztem oder beschädigtem Gewebe und Strukturen bedeutet das:
Erst mal heilen lassen, versorgen und dann kann man sehen, in wie weit das Körpersystem sich mit dieser "Beschädigung" wieder regulieren kann.
Es besteht auch hier auf jeden Fall die Möglichkeit des Körpers zur Reorganisation. Immer im Zusammenhang mit dem bestmöglichen äußeren Milieu, das man dem Körper dafür bereit stellen kann, wie Hilfsmittel (Pessare), Beckenbodentherapie, Nährstoffe, Balance, Ausgleich usw..
Vom Reflex zur Regulation
Während ein Baby in den ersten Monaten Reflexe integriert, um in seine funktionelle Entwicklung zu kommen, stehen viele Frauen nach der Geburt vor einer ähnlichen Aufgabe – wenn auch auf einer anderen Ebene:
Der Körper ist aus dem Gleichgewicht geraten.
Das Nervensystem überfordert.
Muster greifen wieder zu früh, zu fest, zu unkoordiniert.
Das vegetative Nervensystem reguliert sich im Wochenbett oft schlechter durch:
- den Geburtsstress
- den Schlafmangel
- Überforderung
- fehlender Rückzugsraum
→ Das führt zu einem neurophysiologischen Zustand, der eher wieder "reflexartig" wird:
- Flacher Atem
- Haltemuster, gebückt, Schultern nach vorne, Rücken rund etc.
- unwillkürliche Anspannung als Schutzreaktion (z. B. Schultern, Beckenboden)
- Reizbarkeit, Erschöpfung
➡️ Das ist kein „Reflex“ im kindlichen Sinn, aber eine nicht integrierte Reaktion des Nervensystems.
Wenn Regulation fehlt, regiert das System wieder über alte Bahnen:
- Schutzreaktionen
- Haltemuster
- funktionelle Isolation (Beckenboden! Bauch! Brustkorb!). Das ist ein Begriff, den ich hier bewusst im Gegensatz zu Integration verwende.
→ Integriert: Körperteile/Strukturen arbeiten koordiniert als System.
→ Isoliert: Strukturen reagieren getrennt voneinander, oft überkompensierend oder blockierend. Der Körper ist nicht mehr im Flow – sondern jedes Teil "arbeitet für sich“. Nicht sinnvoll. Nicht effizient. Und leider auch nicht stabil. - gestörter Muskeltonus (zu viel / zu wenig)
➡️ Das entspricht fast wie einem „früheren Entwicklungsniveau“ – im Sinne einer Desintegration.
In der Therapiearbeit kannst du genau daran anknüpfen:
→ Du hilfst Frauen, wieder Regulation aufzubauen
→ ihre Bewegungsmuster zu koordinieren, zu integrieren, Kompensationen finden und auflösen, statt nur zu stabilisieren mit den ewig selben Übungen
→ ihre Beziehung zum Körper neu zu organisieren
→ das Vegetativum zu balancieren
→ und auch die Hormonlage zu stabilisieren
Und DAS ist funktionell.
Nein – Frauen kehren natürlich nicht buchstäblich zu den frühkindlichen Reflexen zurück.
Aber: In der Rückbildung begegnen wir oft einem System, das sich neurophysiologisch wie „entbunden“ verhält – desintegriert, überfordert, unkoordiniert.
Und genau wie beim Baby, beginnt hier nach der Geburt die Heilung mit: Reintegration, mit Kontakt, Orientierung, Atmung, Reaktion.
Was beim Baby ganz selbstverständlich zur Entwicklung gehört, müssen wir als Erwachsene bewusst unterstützen:
👉 Weg vom reflexhaften Reagieren
👉 Hin zu bewusster Regulation, Koordination und innerer physiologischer Orientierung
Und genau das ist funktionelle Rückbildung.
Nicht „zurück zur Form“ – sondern zurück zur inneren Organisation.
Und du als Fachfrau kannst genau da ansetzen.
Und in der nächsten Podcastfolge erzähle ich dir, wie wir das alles, was ich gerade erzählt habe in unsere funktionelle Rückbildung integrieren können.
Teil 2: Funktionelle Bewegungsmuster in der Rückbildung – von neuro-motorischer Reorganisation bis alltagsintegrierter Belastung.
Was Progression in Rückbildung wirklich bedeutet.
Ich erzähle dir auch noch viel mehr über funktionelle Bewegungsmuster beim Erwachsenen und in der Trainingstherapie. Warum so viele Trainings leider scheitern. Und ich erzähle dir auch noch ein bißchen etwas über das Faszientraining.

Hi, ich bin die Nicole. Ich bin seit über 25 Jahren Physiotherapeutin und habe viele Jahre auf der Wochenstation und auf der gynäkologischen Station in der Frauenklinik gearbeitet. Von mir bekommst Du Informationen zum "Thema" aus erster Hand.
Rückbildung vom ersten Tag an, im Rückbildungskurs, in der Praxis mit Patienten und leider auch oft die Spätfolgen von Beckenbodenschwächen (und was es sonst noch alles geben kann) in der operativen Gynäkologie, kenne ich in und auswendig.
Bei mir bist Du richtig, wenn Du reale medizinische Informationen zum Thema
Rückbildung und Frauengesundheit suchst. Mehr über mich findest Du hier.
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